Die stille Mehrheit

Ich bin keine Mehrheit. Ich bin ich. Aber für Herrn Steinmeier bin ich still.

Ich bin doppelt geimpft und einfach geboostert, trage zum Einkaufen, Zugfahren, im Wartezimmer, im Museum und beim Eintreten ins Restaurant eine FFP2 Maske und achte darauf, dass auch meine Kinder das tun.

Dass mir täglich noch immer Inzidenzzahlen in immer schwindelerregender werdenden Höhen mahnend um die Ohren gehauen werden, ärgert mich. Hatte man sich nicht längst darauf geeinigt, dass die Inzidenz mit Einzug der Omikronvariente als Variante Nummer 1 gar nicht mehr aussagekräftig ist, sondern vielmehr, wie ausgelastet unsere Intensivstationen und Krankenhäuser sind?

Wenn die Inzidenz noch das Maß aller Messungen wäre, was sagt es dann über einen Staat aus, der einst bei Erreichen der Hundertermarke ein ganzes Land monatelang im Lockdown still legte, und jetzt bei der zehnfachen Zahl darüber diskutiert, ob geimpft und/oder getestet ausreichend ist? Damit will ich nicht propagieren, dass wir wieder den totalen Stillstand herbeiführen sollten, sondern im Gegenteil, dass wir mit dieser anderen Variante jetzt vielleicht einfach mal leben müssen, dass die, wie andere Krankheiten auch, eben mal zum allgemeinen Lebensrisiko dazu gehört, dass wir keine Angst haben sollten, zu einer, wenn auch etwas anderen, Normalität zurückzukehren.

Ich halte es für falsch, dass unsere Kinder weitest gehend vom sozialen Leben, Sport und Gemeinschaft ferngehalten werden. Die Stümperhaftigkeit und offensichtliche Ratlosigkeit der Regierenden macht mich wütend. Was heißt es denn, wenn man jetzt Quarantänezeiten für systemrelevante Berufe verkürzt? Dass Feuerwehrmänner, Ärzte oder Mitarbeiter des Wasserwerks schneller wieder genesen oder weniger anfällig sind? Dass wir als Gesellschaft sie weniger schützen können, und die Gesundheit dieser Menschen daher weniger schutzwürdig ist, weil wir sie brauchen? Oder, dass die Quarantäne unter bestimmten Bedingungen für alle verkürzt werden könnte?

Ich bin rational, will mir aber keine Angst machen lassen.

Ich bin es leid, dass man bei jeglicher Kritik an Regierungsmaßnahmen sofort in die rechte Ecke gestellt wird. Daher wäre mir auch eine (nicht anonyme) Umfrage viel lieber, als auf die Straße zu gehen. Dann könnte Herr Steinmeier nach meiner Meinung fragen, wenn die ihn denn wirklich interessiert.

Denn im häuslichen und gesellschaftlichen Diskurs wird Corona bald den Stellenwert von Religion oder politischer bzw. sexueller Orientierung erhalten. Da sprechen wir lieber nicht drüber, da kommen wir nicht zusammen. Ich mag Dich trotzdem.

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