Wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, kann ich mich nicht erinnern, dass meine Eltern sich in praktischer Hinsicht sonderlich um meine schulische Laufbahn gekümmert hätten.
Sicher, sie haben sich meine Zeugnisse angeschaut, meine Mutter war auch auf dem ein oder anderen Elternsprechtag, aber darüber hinaus beschränkte sich die Kommunikation zum Thema Schule auf die beiläufige Frage „Muss ich irgendetwas wissen?“, die von mir stets verneint wurde.
Nun kann man sagen, dass ich schultechnisch ein ziemlicher Selbstläufer war, vielleicht hatten meine Eltern auch einfach nur Glück.
Allerdings drängt sich mir schon seit der Einschulung meines Großen der Eindruck auf, dass sich die Zeiten hier grundlegend geändert haben. Eltern werden heutzutage wie selbstverständlich in den schulischen Alltag eingeplant.
Schon zu Beginn der Grundschullaufbahn wurde uns mitgegeben, dass Hausaufgaben nicht mehr kontrolliert werden. Die Erzieher in der Ganztagsbetreuung achten nur auf Vollständigkeit, nicht aber auf inhaltliche Richtigkeit. Überspitzt gesagt, wird vom pädagogischen Personal zwar registriert, dass die Seite vollgeschrieben ist. Es kann dort aber der größte Schwachsinn zu Papier gebracht worden sein, was nicht beanstandet wird.
Nun kann man denken, dass das ja völlig in Ordnung sei, solange im Unterricht eine Kontrolle stattfindet. Dem ist aber größtenteils nicht so, und wenn man als Mutter nicht aufpasst, dann zeigt sich bestenfalls bei der nächsten Lernkontrolle schnell, dass zumindest beim eigenen Kind wochenlang in die Leere unterrichtet wurde. Natürlich sind an den mäßigen Noten dann die Kinder und die Eltern Schuld – wer sonst?
Lektion 1 für die berufstätige Mutter ist folglich, dass es besser ist, jeden Abend die Hausaufgaben des Sprösslings auf Korrektheit zu überprüfen. Wenn dann Fehler festgestellt werden, erklärt man den ganzen Themenkomplex am besten auch noch einmal richtig, denn dafür ist an den Lehranstalten bei dem engen Curriculum nun wirklich keine Zeit.
Unnötig zu erwähnen, dass das Hausaufgabenpensum von Jahr zu Jahr zunimmt und damit auch die Zeit, die man mit der Belehrung des eigenen Nachwuchses verbringt.
Noch schlimmer ist es, wenn ein LEK (Lernentwicklungskontrolle, die frühere Klassenarbeit) angekündigt ist. Dann muss ich zu Hochform auflaufen. Ich schaffe mir dann in einer nicht vorhandenen ruhigen Minute den gesamten abzufragenden Stoff drauf – zugegeben in Mathe und Deutsch bin ich durch die tägliche häusliche Nacharbeit ziemlich auf dem Laufenden – in Sachkunde oder Englisch fange ich allerdings bei 0 an.
Dann versuche ich, vor oder nach der Hausaufgabenkontrolle irgendwo noch ein halbes Stündchen mit meinem Sohn unterzubringen, in dem ich ihn mit dem abzuprüfenden Unterrichtsstoff belästige, denn als kaum zumutbare Belästigung empfindet er das. Während mir meiner Meinung nach schon der ein oder andere didaktische und pädagogische Kniff gelungen ist, kann ich mich nicht ausreichender Honoration desselben erfreuen.
Wenn das Kind darüber hinaus noch Hobbies, Freunde oder andere Herausforderungen hat, dann gleicht dies einer logistischen Meisterleistung.
Haben wir das bisher irgendwie so hingekriegt, so ereilte uns mit dem Übertritt in die vierte Klasse der Supergau! Schulwochen mit zwei LEKs sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Mein Großer und ich haben daher kaum noch Freizeit und gehen uns gegenseitig gehörig auf die Nerven.
Man kann sich vorstellen, dass dies der Gesamtatmosphäre in der häuslichen Gemeinschaft alles andere als zuträglich ist – stattdessen ist es ein ständiger Quell familiärer Frustration!
Morgen schreiben wir Englisch, seit zwei Tagen lernen wir Vokabeln, Wegbeschreibungen und Obsteinkauf und soll ich Euch `was sagen „WTF! Es hängt mir zum Halse heraus!“. Ich freue mich schon auf Sachkunde zum Thema Strom – das ist dann am Freitag dran – schon der Abwechslung wegen.
Die lang geplante Radtour am Wochenende machen wir, obwohl wir es uns zeitlich eigentlich gar nicht leisten können – dafür wird die dem Familienfrieden sicher gut tun – und Grammatik wird eindeutig überbewertet!
In diesem Sinne „Lass mir in Ruhe!“